Station: [3] Flur im Erdgeschoss


Liebes Tagebuch, jetzt bin ich schon mehrere Tage in meinem neuen Zuhause. Es ist alles noch etwas ungewohnt, aber ich verstehe langsam, was das hier für ein Haus ist. Also: Dieses Museum ist ein ganz besonderes Museum. Es ist kein Schloss und auch keine Ritterburg, sondern ein kleines, unauffälliges Haus. Und trotzdem ein Museum. Denn es erinnert an das Leben der kleinen Mäuse… äh… Leute, die vor hundert Jahren oder mehr in Reichenbach gelebt haben.

Das waren Menschen wie du und ich, die konnten keine großen Sprünge machen, sondern lebten von ihrer Hände Arbeit… oder wie man das sagt.

Sie waren Schuster oder Tischler oder Klempner. Und damit sie immer genug zu essen hatten, hatten sie alle noch einen kleinen Acker direkt am Haus oder vor den Toren der Stadt. Deswegen hießen diese Leute „Ackerbürger“, denn sie waren beides: Bauern und Bürger. Und wie diese Ackerbürger lebten, das kann man hier sehen.

Und das ist das Verdienst der Nachfahren dieser Ackerbürger. Sie haben viele Sachen gesammelt, die früher den Ackerbürgern gehörten, um sie hier auszustellen. Und sie haben dieses Haus bekommen. Da war es ganz heruntergekommen und wäre fast eingestürzt. Also haben sie es abgerissen und genau so, wie es war, wieder aufgebaut. Jetzt ist es schön und neu und sieht doch so aus wie früher. Und kaum jemand weiß, wie viel Arbeit hier drin steckt… außer mir natürlich, denn ich wohne ja hier. Nur: Das darf niemand wissen.

Hier…

… diesen Zettel habe ich gestern in einer Schublade gefunden. Ich glaube, da geht es um die Geschichte meines Museums: 

Hmm…hmm… im März 1992 hatten sich zehn Bürgerinnen und Bürger von Reichenbach zusammengefunden, um einen Verein zu gründen […] Wir wollten ein Museum, welches das Leben unserer Vorfahren zeigt und deren Lebensbedingungen in unserer Stadt dokumentiert. –  Vielleicht wussten oder spürten wir in diesen bewegten Jahren, dass zum Finden unserer Identität als Menschen und Bürger auch ganz wesentlich das Wissen um die eigene Vergangenheit und die unseres städtischen Gemeinwesens dazugehört.

Hach! Das hat er schön gesagt! Und jetzt weiter:

Im Ensemble des Museumsverbundes hat unser AckerbürgerMuseum seinen spezifischen Platz gefunden. Die Adresse „Görlitzer Straße 25“ ist zu einem festen Begriff für die Bewahrung der Geschichte unseres Ortes und seiner Bewohner geworden. Wir können erfreut feststellen: Das Leben der einfachen Leute um 1900 findet Interesse!

Und das Leben der einfachen Mäuse auch! Gut so!

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Zitate aus: „Rede-20Jahre.doc“

Fotos: © Schlesisch-Oberlausitzer Museumsverbund gGmbH