Station: [11] Die Rettung der verwünschten jungen Frau - Teil 2


Am nächsten Tag kam der junge Bauer zurück und fand auf dem Stein – eine Kröte! Er schluckte zunächst, das musste doch ein Versehen sein! Aber die Kröte sah ihn so unverwandt an, dass er sich doch entschloss, sie in die Hand zu nehmen. Er drückte ihr ganz vorsichtig einen Kuss auf die Nase. Zu seiner Überraschung verwandelte sich die Kröte im selben Augenblick zurück in die junge Frau. „Du bist ein großartiger Mann und ich danke dir von Herzen“, sagte sie ganz gerührt. 

Einen Tag später fand der Bauer eine große Schlange auf dem Stein in der Sonne liegen. Sie starrte ihn mit ihren wässrig-gelben Augen an und ließ dabei immer wieder ihre gespaltene Zunge aus dem Maul schnellen. Dies war sicherlich eine größere Herausforderung als tags zuvor. Trotzdem ging er beherzt auf die Schlange zu, griff sie hinter dem Kopf, um ihr blitzschnell einen Kuss ins Gesicht zu drücken. Sie aber wickelte ihren langen Leib erst um seinen Arm, dann um seinen Hals. Schnell zog er mit größter Überwindung ihren Kopf immer näher an den seinen. Schließlich spürte er die Zunge in seinem Gesicht und – küsste sie – und die Schlange verwandelte sich in die junge Frau, die diesmal ihre Arme eng um seinen Hals geschlungen hatte. 

Am dritten Tag saß auf dem Stein ein großer, dicker schwarzer Kater. Der Bauer hatte in seiner Kindheit schon oft Katzen auf seinem Hof gefüttert, gestreichelt und gelegentlich auch geküsst. Er hatte daher keine Angst und ging schnurstracks auf den Kater zu, um ihn in den Arm zu nehmen. Der Kater aber fauchte sofort, fuhr seine Krallen aus, schlug sie dem jungen Mann mitten ins Gesicht, so dass er tiefe Schrammen davontrug, aus denen das Blut nur so floss. Dann flüchtete er sich fauchend auf den nächsten Baum und ward nicht mehr gesehen. 

Dem Bauern schossen vor Schmerz und Enttäuschung die Tränen in die Augen. Wie durch einen Schleier sah er die junge Frau traurig weinend auf dem Stein. „Was habe ich falsch gemacht? Was kann ich nun noch tun?“ fragte er sie. „Ich weiß es auch nicht, aber vielleicht kannst du die Wilden Weibchen um Rat bitten.“ Der Bauer zögerte nicht und machte sich auf den Weg.

Text: Claus Fittschen, © Rodensteinmuseum
Abbildung:  © Heike Frank, Fränkisch-Crumbach, mit freundlicher Erlaubnis