Station: [035] Willi Baumeister (1889 – 1955), Peruanische Mauer, musikalisch, 1946


In Willi Baumeisters Gemälde „Peruanische Mauer, musikalisch“, breiten sich vor grau-weißem Grund rätselhafte zeichenartige Formen aus. Durch abstrakte Farbzonen in rot, gelb, grün und blau sind sie unregelmäßig akzentuiert. Durch die weißen Ränder und schwarzen Schatten erhält das Bild die räumliche Wirkung eines Scheinreliefs. Dieser Eindruck wird zusätzlich gesteigert durch die Oberfläche des Gemäldes, die an eine grob verputze Wand erinnert. Bei den archaisch anmutenden Formen handelt es sich nicht um Zeichen mit einer konkreten Bedeutung, sondern um eine imaginäre Dokumentation, die nicht entschlüsselt werden kann. Jeder Versuch, die mythischen Formen zu deuten, läuft ins Leere. Das Bild kann als kritische Reflexion des gerade überwundenen Nationalsozialismus verstanden werden. In dessen Ideologie war gleichfalls eine mythische, „ewiggültige“ Dimension propagiert worden. Dem künstlerischen Ansatz des Informel folgend sollte ein Bild nach Kriegsende unabhängig vom nationalen oder kulturellen Hintergrund für jeden Menschen verständlich sein. Weil Gegenstände immer mit einer individuellen Erfahrung verknüpft sind, verzichtete die Kunst des Informel weitgehend auf gegenständliche Darstellungen. So hoffte man eine Art „Weltsprache“ zu schaffen, die nationale Grenzen überwinden konnte.