Station: [3] Jochen Hein: „Nordsee“ (2003)


Das monumentale Gemälde besteht aus drei Teilen. Es zwingt uns, den Blick immer wieder über das aufgewühlte Meer schweifen zu lassen. Es gibt keinen Halt, keinen Fixpunkt. Wo befindet sich der Betrachter? Irgendwo in der Luft und doch direkt in der Nähe des Meeres? Es lässt sich kaum bestimmen – wir schweben wie ein Vogel. Es gibt keine Sicherheit durch ein nahes Ufer oder einen Ort am fernen Horizont. In Jochen Heins Seestück bleibt der Mensch außen vor – wir sehen keine Personen, nicht einmal Spuren menschlicher Existenz. Und doch sind wir in das Bild eingebunden. Oder besser: Es wird uns das Gefühl vermittelt mitten drin zu sein. Hein spricht uns mit Vertrautem an. Er verzichtet zwar darauf eine Geschichte zu erzählen, aber wir erkennen natürlich Bekanntes in der Oberfläche. Wir werden zum Überdenken von Dingen angeregt, die auf den ersten Blick so eindeutig erscheinen. Was verbirgt das Meer? Welche Geheimnisse besitzt es? Ist es noch tiefer, als wir zu ahnen glauben? Welche Rolle maßen wir uns im Vergleich zu dieser Urgewalt an? Die Leinwand wird von Hein sehr aufwendig vorbereitet. Die Oberfläche baut sich aus vielen Farbschichten auf. Sie wirkt fast plastisch. Bei diesem Bild kam dann eine Radiermaschinen zum Einsatz. Ähnlich wie man es aus der Zahntechnik kennt, wurde die Gischt aus den Farbschichten gefräst. Unser Blick über das unruhige Wasser wird also von einer geschickten Lichtregie gelenkt – von zahllosen, spiegelnden Lichtreflexen. Der Künstler möchte verstehen, „wie wir durch das Licht die Oberfläche der Welt wahrnehmen und was uns das alles bedeuten soll“.