Station: [11] Großer Webraum


Mau, Mau, 

Na Katerchen, was machst Du denn hier, habe ich nicht gesagt, Du sollst Mäuse jagen?

Mau, und habe ich nicht gesagt, mir ist schon ganz schlecht von den vielen Mäusen, und ich brauche irgendwo ein ruhiges Plätzchen und ganz ganz viele Streicheleinheiten. 

Na dann komm her, ich kraule dich. 

Schön, siehst du, wir sind doch ein gutes Team, und die Brille hast du auch gefunden. Darf doch Du sagen Anna, so unter uns Steinhudern. Aber du guckst ja so traurig.

Ach Kater, manchmal meine ich, du kannst meine Gedanken lesen. Mir wird halt ganz schwer ums Herz, wenn ich so die ersten leeren Webstühle in einigen Häusern sehe. Ich wünschte dann, ich könnt die Zeit zurückdrehen. Die Menschen, die das Haus hier wieder aufgebaut haben, waren froh, dass es nach dem großen Feuer von 1849 wieder bergauf ging. Sie wußten nicht, wie bald sich das Leben ändern sollte. Durch die Industrialisierung wurde zunächst natürlich vieles einfacher, aber nicht jede Erneuerung ist eine Verbesserung. Verstehst du Kater? Die Leinenweberei hat eine uralte Tradition in Steinhude, und die Menschen hier haben es verstanden, eine richtige Industrie heranwachsen zu lassen. Vor langer Zeit schon schlossen sie sich zusammen und organisierten sich in einer eigenen Weberzunft, um das Handwerk zu schützen, lass mich überlegen, das war ... 1728.

Mau, weiter kraulen, ja mhm Mau

Aber dann kam die Baumwolle, aus Amerika importiert auf den Markt und auch noch der mechanische Webstuhl, hier nach Steinhude. Das ist rund 10 Jahre her. Muss um 1890 gewesen sein, als in der großen Bude, wie wir Steinhuder ja die große Weberei der Gebrüder Bretthauer nennen, hier in Steinhude der erste mechanische Webstuhl aufgestellt wurde. Die anderen großen Webereien wie Seegers folgten dann nach. Da können die heimischen Handweber nicht mithalten. Immer mehr haben bereits ihre Heimarbeit aufgegeben und gehen als Lohnarbeiter in die großen Webereien. Aber das Geschäft mit dem Leinen blüht: Vor allem Aussteuer, Tischdecken, Handtücher und natürlich Deckchen mit unserem schönen Wilhelmstein sind weit über Steinhude hinaus berühmt. Die Nachfrage steigt und immer mehr Menschen finden Arbeit in den Fabriken. Aber zu Wohlstand kommen sie nicht, und die Handweberei daheim, und die Leinenproduktion, an der die ganze Familie mitarbeitet, das stirbt aus, und das macht mich traurig.  

Mau, nicht nachdenken, einfach nur kraulen. Mau

Foto: © Fischer- und Webermuseum