Station: [20] Johann Nicolaus von Dreyse - Das Dreysehaus


Die Geschichte der Industriestadt Sömmerda prägte er wie kaum ein anderer: Johann Nicolaus Dreyse. Ohne seinen Erfindungsreichtum und sein technisches Geschick wäre die außergewöhnliche Entwicklung des innovativen Industriestandorts Sömmerda sicherlich ganz anders verlaufen.

Wer also war Johann Nicolaus Dreyse? Begeben wir uns auf eine Zeitreise und blicken rund 200 Jahre zurück: 

Johann Nicolaus Dreyse wurde hier in Sömmerda im Jahre 1787 geboren. Sein Vater war Schlossermeister, bei ihm lernte der junge Dreyse das Handwerk. Als junger Mann gründete er in Sömmerda zusammen mit dem Geschäftsmann Friedrich Kronbiegel die Firma "Dreyse und Kronbiegel". Als sein Geschäftspartner starb folgte mit dem Teilhaber Carl Collenbusch 1820 die Metallwarenfabrik "Dreyse und Collenbusch". Erfolgreich produzierte das Unternehmen kleine Metallteile wie Nägel, Fensterbeschläge und Nieten auf kaltem Wege. Das heißt, das Metall wurde allein durch Druck in Form gebracht. Zudem stieg Dreyse und Collenbusch mit der Produktion von Zündhütchen erfolgreich in die Munitionsfabrikation ein. 

Entscheidend für den außergewöhnlich Erfolg von Johann Nicolaus Dreyse war allerdings etwas anderes: Seine Leidenschaft für Waffentechnik. Diese führte ihn in seinen Lehr- und Wanderjahren bereits nach Paris in eine Waffenfabrik, wo man an neuen Lade- und Zündmechanismen von Gewehren arbeitete.

Der Legende nach kreuzte er auf dem Weg nach Paris das Schlachtfeld von Jena und Auerstedt, wo 1806 die preußische Armee gegen Napoleons französische Truppen eine schwere Niederlage erlitt.

Dreyse erzählte später, dass er das Gewehr eines toten preußischen Soldaten sah und sofort erkannte, dass damit keine Schlacht zu gewinnen sei. Wahrheit oder Mythos ? - Tatsache ist, dass das von Dreyse entwickelte Zündnadelgewehr zum Siegeszug der preußischen Armee im späteren 19. Jahrhundert beitrug.

Das Zündnadelgewehr hatte gegenüber den herkömmlichen Vorderladern zwei wesentliche Vorteile: Es ließ sich in gebückter Haltung und damit in Deckung laden und es ermöglichte durch schnelles Nachladen eine wesentlich höhere Schussfolge. 

Dreyses Verdienste in der Waffentechnik brachten ihm 1834 eine Anstellung im preußischen Staatsdienst ein. Fortan widmete er sich ausschließlich der Weiterentwicklung des Zündnadelgewehrs. Dafür baute Dreyse eine eigene Versuchswerksatt an sein Wohnhaus an. Heute befindet sich im ehemaligen Wohnhaus und in der Versuchswerkstatt das Historisch-Technische Museum.

Technisch ausgereift ging das Zündnadelgewehr in den 1840er Jahren in die Massenproduktion. Nicolaus Dreyse finanzierte mit Hilfe eines Staatskredits dafür eine neue Fabrikanlage. Aus der Zündhütchen- und Munitionsfabrik "Dreyse und Collenbusch" zog er sich hingegen zurück. 

Pro Jahr stellte die Dreysesche Gewehrfabrik 12.000 Zündnadelgewehre für die preußische Armee her. Insgesamt produzierte die Dreysesche Fabrik bis Mitte der 1870er Jahre eine halbe Million Zündnadelgewehre vorwiegend für die preußische Armee in Sömmerda. Für seine großen Verdienste zur Ausrüstung der Preußischen Armee erhielt Dreyse von König Wilhelm I den erblichen Adelstitel "von Dreyse" für sich und seine Nachkommen. 

1867 stirbt Johann Nicolaus von Dreyse. Damit erlebt er die Vollendung des kleindeutschen Reichs unter preußischer Führung im Jahre 1871 nicht mehr. Seine tiefe Verbundenheit mit seinem Heimatland bleibt aber auch für die Nachwelt deutlich sichtbar. Dreyses Wahlspruch zum Eintritt in den Adelsstand lautet "Bete und arbeite für König und Vaterland" und ist bis heute im Giebel des Dreyse-Hauses zu lesen.

Alle Abbildungen: © Stadtarchiv Sömmerda
Informationen von Herrn Dr. Hans-Diether Dörfler, Sigmar Radestock