Station: [8] Schreibmaschine Neubau


Die Produktion von Schreibmaschinen läutet in den 1920er Jahren ein neues Kapitel in der Werksgeschichte der Rheinmetall ein. 

Mit dem verlorenen Ersten Weltkrieg stellte auch das Rheinmetall-Werk in Sömmerda die Rüstungsproduktion ein. Von den rund 10.000 Beschäftigten blieben im ersten Friedensjahr gerade einmal 1.500 übrig. Da die Siegermächte mit dem Versailler Vertrag der jungen deutschen Demokratie die Kriegsproduktion weitgehend untersagt hatten, sollten neue, zivile Produktionsfelder dem Betrieb aus der Krise helfen. 

Heinrich Schweitzer galt Anfang des 20. Jahrhunderts als der beste Schreibmaschinenkonstrukteur Deutschlands. Die Firmenleitung der Rheinmetall sicherte sich die Dienste des Konstrukteurs mit einem stolzen Jahresgehalt von 12.000 Mark für acht Jahre. 

In Rekordzeit gelang es Schweitzer die Standardschreibmaschine Rheinmetall zu entwickeln. Nach rund 15 Monaten, im Mai 1922, hatte das Werk bereits etwa 1.500 Stück davon hergestellt. Kurze Zeit später trennte sich die Rheinmetall von dem arrivierten Konstrukteur wegen eines Streits um eine zusätzliche Gewinnbeteiligung. Fo8-2Erfolgreich blieb das Unternehmen trotzdem mit der Produktion verschiedener Großschreibmaschinen für das Büro und den handlichen Kofferschreibmaschinen. Diese kleinen Reiseschreibmaschinen lieferte das Werk in acht Gehäusefarben. Die Produktion erfolgte zunächst im heute abgerissenen Gebäude „Schreibmaschine Altbau“.

Der große lichte Stahlskelettbau trägt den Namen Schreibmaschine-Neu und wurde von der Rheinmetall 1938 gebaut. Hierhin verlegte man fortan die Produktion von Schreibmaschinen. Das Gebäude ist eines von mehreren großen Industriebauten, mit denen die Rheinmetall in den 1930er Jahren das Werk erweiterte. Die Werksleitung brauchte zum einen mehr Platz für die erfolgreiche Produktion von Büromaschinen, zum anderen investierte man mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten große Summen in die erneut wachsende Rüstungsproduktion.

Im Zweiten Weltkrieg stellte die Rheinmetall-Borsig AG die Schreibmaschinenproduktion bald komplett ein. Erst nach Kriegsende fing das Werk in Sömmerda wieder an, Schreibmaschinen zu bauen. Zunächst vor allem als Reparationsleistungen für die Sowjetunion, dann - im volkseigenen Betrieb Büromaschinenwerk Sömmerda - auch für die DDR und den Export. Später, in den 1960er Jahren, nutzte man das Gebäude für den Produktionsbereich Lochkartentechnik, ab den 1970er-Jahren waren hier Bereiche der Druckerfertigung untergebracht.

Alle Abbildungen: © Stadtarchiv Sömmerda
Informationen von Herrn Dr. Hans-Diether Dörfler, Sigmar Radestock