Station: [11] Jüdische Gemeinde


M: Rund zehn Jahre nachdem sich die Hugenotten in Offenbach niedergelassen hatten, formierte sich in den Jahren 1707/1708 unter Graf Johann Philipp auch eine jüdische Gemeinde. Johann Philipp wollte die gravierenden Folgen des 30-jährigen Krieges mildern. Er förderte, dass sich hugenottischen Glaubensflüchtlinge und Juden ansiedelten. Sie sollten die Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Die jüdische Gemeinde erhielt Statuten, die das Leben der Juden und Jüdinnen regelte. Privilegien, so wie die Hugenotten sie bekamen, erhielten sie nicht. Graf Johann Philipp erlaubte ihnen lediglich, einen jüdischen Friedhof und eine Synagoge zu bauen sowie die Ausübung einiger Berufe. 

F: 1729 wurde in der ehemaligen Judengasse das erste jüdische Gotteshaus in Offenbach errichtet, das knapp 200 Jahre lang Zentrum des jüdischen Lebens war. 1910 zählte die jüdische Gemeinde schon 2.360 Personen. Die alte Synagoge wurde zu klein, sie wurde geschlossen, verkauft und umgebaut. In unserer Zeit entdeckte man ihre Fassade bei Renovierungsarbeiten unter der Fassadenverkleidung eines Geschäftshauses wieder. 
Die Umfassungsmauer in der ehemaligen Judengasse, heute Große Marktstraße, ist ein Gedenkort. 

M: Eine neue Synagoge wurde 1916 in der Goethestraße errichtet – ein Kuppelbau mit über 800 Plätzen. Sie ist heute ein Veranstaltungshaus. Hier sehen Sie das Modell. Mehr darüber erfahren Sie an Station 22.

F: Die jüdische Gemeinde gab wichtige Impulse für den wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung Offenbachs. Hier war der hebräische Buchdruck zu Hause, der fast 150 hebräische Drucke hervorbrachte. Zeuge dieser Zeit ist das alte hebräische Buch in der Vitrine. 

M: Als die Nazis 1933 die Macht übernahmen, emigrierten viele Jüdinnen und Juden. Andere wurden von den Nazis deportiert und umgebracht. Nach der Shoah lebten nur noch 18 jüdische Menschen in der Stadt. Die große Synagoge konnte nicht mehr genutzt werden, und wurde vertraglich der Stadt übergeben. Dafür wurde 1956 an der Kaiserstraße eine neue, kleinere Synagoge eingeweiht. 

F: Heute leben wieder über 2000 jüdische Menschen in Offenbach. 

 

Foto 1: © Haus der Stadtgeschichte
Foto 2: © Dagmar Trüpschuch