Station: [108] Die Altenteilerkammer


F: Das Bauernleben war hart und die Menschen alterten früh. Doch wenn das Bauernpaar seinen Hof an die Kinder – in der Regel den ältesten Sohn – abgegeben hatte, zog es sich noch lange nicht zurück! Die Eltern blieben im Haus wohnen und packten weiter mit an. Sie zogen in die Altenteilerkammer – einen separaten Raum hinter dem Flett.

M: Werfen Sie gerne einen Blick in den Raum. Im Gegensatz zu Flett und Guter Stube verfügt die Altenteilerkammer nur über einen Boden aus gestampftem Lehm. Gleich links neben der Tür steht ein kleiner, gusseiserner Ofen. Er ist durch ein Loch in der Wand vom Flett aus beheizbar – ein echter Luxus für die alten Leute!

F: Der mannshohe Wäscheschrank auf der linken Seite ist mit aufwändigen Schnitzereien und vielen einzelnen Fächern versehen – sicherlich ein Erbstück, das von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Eine Inschrift auf der Vorderseite datiert das prächtige Stück auf das Jahr 1641!

M: Dahinter, an der Querseite des Raumes, zwei Alkoven. Doch wenn Sie jetzt meinen, einer sei für die alte Bäuerin, der andere für den alten Bauern, dann irren Sie sich! In dem einen schlief das Bauernpaar, in dem anderen die Enkelkinder – drei bis vier an der Zahl! Man mag sich vorstellen, wie sich die Oma fühlte, wenn der Opa laut schnarchte und die Kinder rappelten und zappelten!

F: Wer weiß? Vielleicht stand die Oma in solchen Nächten auf, warf sich eine Wolldecke über, zündete eine Kerze an, setzte sich an den Webstuhl und arbeitete an ihrem Leinentuch… bis sie mit dem rhythmischen Klappern des Webstuhls die lästigen Nebengeräusche übertönte.

Fotos: © Tanja Heinemann