Station: [17] Soziales Engagement


Ein ausgeprägtes Verantwortungsgefühl und soziales Engagement – sie prägten den Lebensweg der beiden Brüder gleichermaßen.

Otto hatte als angehender Student die prekären Wohnverhältnisse der Berliner Arbeiter am eigenen Leib erfahren. Bis zum Ende seiner Tage kämpfte er für eine Verbesserung der Lebenssituation der Arbeiter. 1890 beteiligte er die Belegschaft seiner Firma mit 25 Prozent an den Gewinnen des Unternehmens – ein nahezu revolutionärer Schritt!

Zur gleichen Zeit entwarf Gustav seine so genannten „Burgenhäuser“ – phantasievolle Mehrfamilienhäuser im Berliner Vorort Lichterfelde, die mit ihren Türmchen und Erkern mittelalterlichen Burgen ähneln. In einer Zeit, in der Tuberkulose eine ernsthafte Gefahr darstellte, versah er die Wohnungen mit Be- und Entlüftungsschächten, die er in den Türmchen versteckte. Das Resultat war ein deutlich verbessertes Raumklima.

Für die Baugenossenschaft „Freie Scholle“, die die Brüder fünf Jahre später gemeinsam gründen, entwickelt Gustav eine neue, unkomplizierte Bauweise: einen Hohlblockstein, der direkt an der Baustelle hergestellt werden kann und die Arbeiter in die Lage versetzt, sich selbst ihre eigenen Häuser zu bauen: Hilfe zur Selbsthilfe.

Derweil engagiert sich Otto im Ostend-Theater, einem Vorläufer der Freien Volksbühne. Es trägt den emphatischen Namen „National-Theater“ und bietet Arbeitern die Möglichkeit, sich für wenige Pfennige die deutschen Klassiker und die aktuellen Stücke des Realismus anzuschauen. Ab und zu schlüpft Lilienthal auch selbst in eine Rolle und 1894 verfasst er ein eigenes Theaterstück: Es heißt „Gewerbeschwindel“ bzw. „Moderne Raubritter“ und handelt von Spekulation und Gier, die auf dem Rücken der kleinen Gewerbetreibenden ausgetragen werden. Das soziale Engagement der Lilienthals hatte es also bis auf die Bühnen der Hauptstadt gebracht!

Alle Abbildungen: © Lilienthal-Centrum Stölln