Station: [10] Das Volkshubschrauberprojekt


Immer wenn Josef Maier am Bodensee war, traf er seinen Bruder Max und seinen Freund Emil Mattes. Eines Tages war der Fabrikant Josef Wagner bei einem solchen Treffen dabei und berichtete von einem Produktionsfehler, der in seiner Firma für Farbspitzpistolen passiert war. Wegen dieses Fehlers war eine große Menge fehlerhafter Farbspritzpistolen aus den USA zurückgeschickt worden.

Auf der Papiertischdecke des Restaurants, in dem sie sich getroffen hatten, zeichnete Josef Maier in ein paar Skizzen eine technische Lösung für diese Probleme auf. Einen finanziellen Dank für seine Ideen schlug Maier aus.

Und damit begann die Partnerschaft zwischen Josef Maier und Josef Wagner, verbunden in ihrer Begeisterung für die Luftfahrt.

In Josef Wagner fand Josef Maier den Partner für seine Idee eines multifunktionalen „Volkshubschraubers“. Schon lange war auch Josef Wagner von der Vision eines „Autos“ besessen, das sich als Hubschrauber in die Luft erheben konnte.

Beide experimentierten nun an einem Motor, der die Rotorblätter am Rotormast direkt antreiben konnte. Die Rotorblätter sollten sich gegenläufig drehen, so sollte der Motor am Heck entfallen. Ziel war, das Fliegen so zu vereinfachen, dass es auch ein Laie in relativ kurzer Zeit erlernen konnte.

Von 1956 bis 1958 entwickelte Maier in seinem Betrieb in Frankreich einen Hubschraubermotor, der – heimlich am Zoll vorbei – in Einzelteilen über die Grenze nach Fischbach geschmuggelt werden musste.

Der erste Motor, ein dreizylindriger Sternmotor, erwies sich als zu schwach. Der zweite Versuch mit einem vierzylindrigen Sternmotor führte zum Absturz in der Fabrikhalle – Wagner war „not amused“. Nach einem missglückten dritten Versuch stellte Wagner Diplomingenieure aus seinem Betrieb ab und Maier an die Seite. Die Zusammenarbeit der Ingenieure mit dem Autodidakten Maier funktionierte allerdings nicht und so endete sie 1962.

Nach längerer Entwicklungszeit war das System der ROTOCARS gefunden: Einfachste Bauweise mit einem drehmomentfreien und getriebelosen Antrieb ohne jede Kupplung ermöglichte ein Eigengewicht des Hubschraubers, das 50 Prozent unter dem Gewicht eines herkömmlichen Hubschraubers lag. Die Zuladung allerdings lag sogar bei mehr als 55 Prozent. Der Rotocar bestand im Wesentlichen aus drei Elementen: Motor, Fahrgastzelle und Rotoren mit Steuerungselementen.

Schon 1961 berichtete der Südkurier von dem Rotocar, der kaum mehr als ein Auto kosten sollte.

Doch die hochfliegenden Träume bewahrheiteten sich nicht. Es stellte sich heraus, dass alle Motorvarianten zu schwach waren. Fördermittel oder Investoren, die sich bei der Weiterentwicklung beteiligt hätten, blieben aus.

Erst als man einen amerikanischen Franklin-Motor einsetzte, konnten 1966 drei flugfähige Prototypen vom Typ Sky-Trac auf der Luftfahrtschau in Hannover gezeigt werden.

1969 erhielt die Firma Wagner Helicopter-Technic die Musterzulassung, 1972 erfolgte die amerikanische Zulassung. 1971 hatte Wagner für die Fertigung die neue Firma Helicopter Technic München (HTM) gegründet, die bis 1977 etwa 400 Exemplare bauen sollte.

Doch die zeitliche Verzögerung und technische Pannen ließen Auftraggeber und Geldgeber unruhig werden, sie sprangen ab.

So ließ sich 1974 der Konkurs der Firma HTM nicht mehr abwenden. Ein Hubschrauber aus dieser Zusammenarbeit zwischen Maier und Wagner steht aber heute noch im Hubschraubermuseum im niedersächsischen Bückeburg.

Alle Abbildungen: © Gemeinde Frickingen