Station: [3] Der – oder besser: die – Mechanikermeister Karl Widmer


Das Tüftlermuseum erzählt nicht nur die Geschichte einer Werkstatt, sondern auch die Geschichte einer Familie, besser gesagt von drei Generationen Widmer, repräsentiert von drei Männern, alle drei mit dem Vornamen Karl.

Alles begann mit dem Kauf der erwähnten abgebrannten Ölmühle durch den Zimmerer Karl Widmer, den ersten der drei Karls. Weitsichtig hatte er nicht nur das Grundstück, sondern auch alle Wasserrechte der alten Mühle miterworben. Ebenso weitsichtig plante er hier für seinen Sohn Karl Widmer II. eine Mechanikerwerkstatt, deren Maschinen mit Wasserkraft betrieben werden sollten. Karl II. hatte das Handwerk des Wagners gelernt und zusätzlich während seiner Militärzeit eine Mechanikerausbildung absolviert. Nach dem Ersten Weltkrieg stieg dessen Sohn Karl Widmer III. ein. Dieser war 1901 geboren, hatte bei seinem Vater das Mechanikerhandwerk gelernt und arbeitete bis ins hohe Alter in der Werkstatt als Tüftler und Reparateur für Landmaschinen, Schlepper, Fahrräder oder Motoren. Während dieser drei Generationen vollzog sich der Wandel von der Holz- zur Metallbearbeitung.

Zur „Widmer Werkstatt“ kam man mit allen Reparaturwünschen und ließ sich spezielle Teile eigens anfertigen. Die verkehrsgünstig gelegene Werkstatt war Anlaufstelle für den gesamten Bodenseekreis. Ein großer Teil der Werkstatteinrichtung geht auf das handwerkliche Geschick Karl Widmers III. zurück. Sogar die alte, noch vom Dorfbach gespeiste Wasserturbine trägt die Marke Widmer.

Karl Widmer III. entwickelte im Alter eine unnachahmliche Art, seine Kunden bei ihrem Anliegen erst einmal zu enttäuschen. Beim ersten Blick auf das mitgebrachte Problemstück schlug er vor: „Des kaasch getroscht in de alte Bach hintere werfe“. Erst danach lenkte er ein: „Kumm, gib’s halt her – mir gucket mol, was me noch machen könnet.“

Karl Widmer arbeitete bis zu seinem 97. Lebensjahr täglich in seiner Werkstatt. Hier herrscht weiterhin sein Geist. Als ob er nur kurz hinausgegangen wäre, scheinen die Maschinen auf ihn zu warten. Im November 2003 verstarb Karl Widmer im hohen Alter von 102 Jahren, fünf Monate nach der Eröffnung des Museums.

Kann man sich das vorstellen? Ein ganzes Leben lang in einem Betrieb zu arbeiten? Bis ins hohe Alter zu arbeiten und dabei Freude zu empfinden? Schnörkellos und funktional schuf Karl Widmer hier eine Werkstatt mit Einzellösungen, die immer technisch auf der Höhe der Zeit … und dieser manchmal sogar voraus waren.

1961 war Karl Widmer II. in den Ruhestand getreten. Er hatte seine Tochter Anna Thum als Erbin eingesetzt, allerdings mit der Auflage, dass Karl Widmer III. diese Werkstatt auf Lebenszeit nutzen dürfe. Und im Besitz der Familie Thum ist die Werkstatt heute noch.

Alle Abbildungen: © Gemeinde Frickingen