Station: [8] Krypta der Kirche


F: Unter dem hohen Chor liegt die gewölbte Krypta. In diesem tiefer gelegenen, vom restlichen Kirchenraum deutlich abgetrennten Bereich wurden im Mittelalter für gewöhnlich die Chorherren, reiche Stifter oder andere Würdenträger bestattet und es wurde für sie gebetet. Doch in Jerichow war eine solche Nutzung nicht möglich! Denn als das Stift gegründet wurde, floss unmittelbar neben den Klostermauern die Elbe vorbei. Erst später wanderte ihr Lauf weiter nach Westen, so dass sie heute rund einen Kilometer von hier entfernt ist. Daher konnten im Mittelalter in der Krypta keine Gräber angelegt werden, der Grundwasserspiegel war schlicht zu hoch. Die Grabplatten, die man heute trotzdem in der Krypta findet, sind erst in späterer Zeit hierher versetzt worden. Tatsächlich begraben ist hier niemand.

M: Wie also nutzen die Chorherren den kreuzgewölbten, in der Mitte durch Säulenstellungen unterteilten Raum? Vermutlich dient er in der Zeit des Klosters als Raum für Gottesdienste zu besonderen Anlässen im Kirchenjahr. Dafür spricht auch der besonders prächtige Schmuck der Kapitelle. Traditionell ist dies im Mittelalter das Bauelement, an dem Darstellungen von Menschen und Tieren, Fabelwesen und Monstern, Blättern und anderen Naturmotiven zulässig sind. Ein menschenfressendes Tier, ein Adler, Sonnensymbole oder die Muschel des Pilgerheiligen Jakobus zieren hier die immer unterschiedlichen Kapitelle. Auch wenn ihre jeweilige Aussage nicht eindeutig ist, sollte hier den Chorherren vielleicht die irdische Welt aufgezeigt werden, aus deren Härten und Grausamkeiten nur das Christentum einen Ausweg bietet. Eine Besonderheit ist die letzte Säule: Ihren  Schaft aus Quarzdiorit ließ Kaiser Otto I. bereits im 10. Jahrhundert vom Forum Romanum in Rom nach Magdeburg bringen. Von dort gelangte er hier nach Jerichow. Das daraufsitzende Kapitell mit der furchterregenden Monsterfratze, die einen Menschen verschlingt, haben vermutlich Steinmetze in Magdeburg hinzugefügt.

Foto: © Stiftung Kloster Jerichow