Station: [22] Die Religion der Nabatäer


Grüß Gott! Frau Kamel, Herr Esel!

Hups! Wer ruft?

Hier bin ich! Hier oben. In der grünen Nische oben in der Mauer.

Oh! Ja, ich sehe Sie. Eine schöne, weißgewandete Dame mit einer Krone auf dem Haupt. Sie sind wohl eine Königin?

Nun ja… fast. Oder eigentlich: noch besser! Ich bin Isis, eine der wichtigsten Göttinnen aus Ägypten.

Aus Ägypten? Aber… wir sind doch in Petra, in Jordanien.

Das ist nicht so schlimm. Das sehen die Nabatäer nicht so eng. Sie denken sich: Wenn die Göttin Isis bei unseren Nachbarn funktioniert, dann funktioniert sie auch bei uns. Die übernehmen wir einfach.

Das ist wie mit dem Geld, mit den Münzen der anderen… Da haben sie es auch so gemacht.

Wie bitte? Was murmelt Ihr da?

Ach nichts, ach nichts, allerverehrteste Göttin. Ich habe nur… laut nachgedacht. Aber – wofür werdet ihr eigentlich verehrt?

Ooch! Für eine ganze Menge. Ich schütze die Menschen… und Schutz kann nie schaden. Aber ich schütze auch die Toten. Und ich bin unendlich weise und verstehe mich auf Magie. Ich bin die Gattin des Osiris und die Mutter des Horus, der in einer seiner Erscheinungen auch Harpokrates genannt wird. 

Als mein geliebter Gatte Osiris von seinem hinterhältigen Bruder getötet und zerstückelt wurde, machte ich mich auf und sammelte alle Teile meines toten Gatten wieder ein. Durch meine magischen Kräfte gelang es mir, meinen Gatten wieder zusammenzufügen und ins Leben zurückzuholen.

Ui!

Ja, so etwas macht schon Eindruck. Und da kann ich es gut verstehen, dass die Nabatäer mich ebenfalls verehren. Aber sie haben auch noch andere Götter: den Gott Duschara beispielsweise. Oder die Göttinnen Allat oder Al-Uzza. Das wird hier nicht so streng genommen. Die Menschen können verehren, wen immer sie möchten… oder wer gerade zu ihren Wünschen und Bitten passt. Ist doch ganz praktisch.

Na, wenn es dann keine Eifersucht unter den Göttern gibt…?

I wo! Es gibt so viele Menschen, die so viele Götter verehren. Da ist für alle etwas dabei. Da muss niemand eifersüchtig werden. Ich jedenfalls fühle mich sehr gut hier in meiner Wandnische.

Na, dann will ich nicht länger stören, mächtige Göttin Isis. Ich bitte, mich zurückziehen zu dürfen.

Du bist entlassen. Aber vergiss nicht, mir bei Gelegenheit eine kleine Opfergabe vorbeizubringen. Die Götter zu erfreuen kann nie schaden.

Werde ich machen, versprochen. Und nun auf Wiedersehen.

Auf Wiedersehen!