Station: [11] Der Walfang


M: Vis vincitur Arte.

F: Geschick besiegt Kraft. Das Gemälde, das diesen Leitspruch trägt, zeigt eine Walfängerflotte im nördlichen Eismeer.

M: In früheren Jahrhunderten war Föhr eine arme und karge Insel. Um ihre Familien zu ernähren, fuhren viele Föhrer zur See. Im 15. Jahrhundert beteiligten sie sich am Heringsfang rund um Helgoland. Und ab dem 17. Jahrhundert war der Walfang das einträglichste Geschäft für die hochseeerfahrenen Männer.

F: Es war eine saisonale Tätigkeit: Am Ende des Winters oder im Frühjahr – je nach Wetterlage – verließen die Seeleute ihre Insel und segelten auf Schmackschiffen zu den Ausgangshäfen: Amsterdam, Hamburg oder Altona beispielsweise, später auch Kopenhagen. Von dort aus stachen die Walfangschiffe in See, Richtung Spitzbergen und Grönland im nördlichen Eismeer. Zwischen den Eisschollen jagten sie die Wale.

M: War ein Wal gesichtet, ruderten die Walfänger in einem kleinen Beiboot – einer Schaluppe – möglichst nah heran und bewarfen ihn mit Harpunen, an denen bis zu 1 Kilometer lange Seile befestigt waren. Der verletzte Wal versuchte zu fliehen und zog die Schaluppe mit sich. War er nach mehreren Stunden ermüdet, konnten die Männer näher heranrudern und ihm den Todesstoß versetzen.

F: Auf der Wand über der Vitrine sehen Sie einige dieser Fanggeräte: die beiden mittleren waren Harpunen für die Ermüdungsjagd, das oberste Gerät ist die Lanze für den Todesstoß, ganz unten ein Speckhaken.

M: Der tote Wal wurde nun seitlich ans Schiff herangezogen, sein Speck in langen Bahnen vom Fleisch gelöst, in Streifen an Bord gezogen und unter Deck in Fässer verpackt.

F: Das Hauptinteresse der Walfänger galt der Fettschicht der Großsäuger. Denn der so genannte Tran war ein hervorragender Leuchtstoff. In den damals üblichen Öllampen gab er eine helle Flamme, die nicht rauchte oder rußte, wie das viel billigere und damals in unserer Region übliche Rapsöl. Petroleum, also ein Rohölprodukt, oder gar elektrisches Licht gab es noch nicht, die Nachfrage nach Waltran war riesig.

M: Auch die Barten, also die Hornplatten aus dem Maul der Wale, mit denen einige Walarten den Krill aus dem Wasser filtern, konnten verwertet werden. Sie waren biegsam und wurden zu Halterungen in Damenkorsetts oder Reifröcken, aber auch zu Sprungfedern für Kutschen oder kleinen runden Schachteln weiterverarbeitet.

F: Die Zähne anderer Walarten waren Ausgangsmaterial für kunstvolle Elfenbeinschnitzereien.

M: Der kommerzielle Walfang im 17. und 18. Jahrhundert führte fast zur Ausrottung der großen Meeressäuger. Für die Föhrer Bevölkerung allerdings garantierte er ein wenig bescheidenen Wohlstand.

Fotos: © Dr.-Carl-Häberlin-Friesen-Museum