Station: [15] Totenmaske Friedrich Schillers
Am 24. September 1826 erhielt Goethe ein ungewöhnliches Geschenk. Zwei Herren überbrachten ihm den Schädel seines verstorbenen Freundes Friedrich Schiller. Goethe selbst hatte darum gebeten. Der Schädel war bis dahin im Sockel einer Schiller-Büste in der Großherzoglichen Bibliothek verwahrt worden. Schiller war zwanzig Jahre zuvor in einem Gemeinschaftsgrab bei der Jakobskirche beigesetzt worden. Als das Grab geräumt werden sollte, stieg eine offizielle Kommission in die feuchte Gruft hinab, um seine Gebeine zu bergen. Doch der Zustand der Knochen war schlecht. Es ließ sich nicht mehr eindeutig feststellen, welche Überreste zu Schiller gehörten. Die Suche wurde zunächst abgebrochen. Wenig später ließ der Bürgermeister von Weimar auf eigene Faust weitersuchen. In einer nächtlichen Aktion wurden dreiundzwanzig Schädel aus der Gruft geholt und untersucht. Durch den Vergleich mit Schillers Totenmaske wählte er jenen aus, der besonders ebenmäßig geformt war. Das Vorgehen rief Empörung hervor, besonders bei Schillers Familie. Goethe und der Großherzog jedoch zollten dem Bürgermeister Anerkennung. Eine Zeitlang wurde der ausgewählte Schädel sogar in Goethes Wohnhaus aufbewahrt und Gästen präsentiert. 1827 wurde er in die Weimarer Fürstengruft überführt und dort neben Goethe beigesetzt. Erst in jüngerer Zeit untersuchte die Universität Heidelberg den Schädel mit modernen Methoden. Die DNA-Analyse ergab, dass er nicht zu Friedrich Schiller gehört.