
?!ANGEKOMMEN!?
In den Jahren 1991 bis 2004 wanderten ca. 200.000 sowjetische Juden als sogenannte „Kontingentflüchtlinge“ in die Bundesrepublik Deutschland ein. Für die Einwanderen war es Flucht vor institutionellem Antisemitismus und politischer sowie wirtschaftlicher Unterdrückung. Für die Bundesrepublik bedeutete es die Möglichkeit, die durch die Shoah fast vollkommen ausgelöschten jüdischen Gemeinden zu „revitalisieren“.
Nach dem sogenannten Königssteiner Schlüssel wurden Migranten auf die Bundesländer verteilt, ohne allerdings darauf zu achten, ob in den jeweiligen Regionen überhaupt noch jüdische Gemeinden und Strukturen bestanden. Die Frage der „Integration“ in die deutschsprachige Mehrheitsgesellschaft sowie in das religiöse jüdische Leben, das in der Sowjetunion unterdrückt wurde, blieb im Allgemeinen den jüdischen Gemeinden überlassen. Dies bedeutete eine enorme Herausforderung in Anbetracht der Anzahl und der großen Verschiedenartigkeit der Zuwanderen. Soziale Ungewissheit, sprachliche und berufliche Barrieren sowie auch Erfahrungen mit Ausgrenzung bestimmten und bestimmen häufig das Leben vieler jüdischer Migranten.
Die Ausstellung „?!Angekommen!?“ bietet einen Einblick in die Vielfalt jüdischer Selbstbehauptung und künstlerischen Ausdrucks und widmet sich vielen offenen Fragen, die sich jüdische Künstleren heute in Deutschland stellen. Dabei geht es auch um Erfahrungen von Sprachlosigkeit und Unsichtbarkeit im allgemeinen Diskurs um Migration, Flucht und Zugehörigkeit.Im Zentrum der Ausstellung steht die Frage nach dem „Angekommen sein“ in Deutschland, die sich die Darstelleren jüdischer Lebenswelten in einer von Fremdbildern bestimmten Debatte immer wieder stellen müssen. Es ist letztlich die Frage, was bedeutet es, jüdisch zu sein in Deutschland, und ob die Entscheidung, in Deutschland zu leben, richtig gewesen war angesichts erstarkendem Antisemitismus und Rechtspopulismus.