Station: [26] Die Freiheit


Laudenau war ein dreigeteiltes Dorf: Im Mittelalter gehörte der Ortsteil die „Freiheit“ den Herren von Rodenstein, während die anderen beiden Ortsteile im Besitz der Grafen von Katzenelnbogen bzw. der Grafen von Erbach waren. Entlang der Gemarkungsgrenzen verliefen Streifen von „Niemandsland“, die sich der Gerichtsbarkeit der Grenznachbarn entzogen. In Laudenau trafen also die Grenzen bzw. Niemandslandstreifen dreier Gerichtsbarkeiten aufeinander und diese gemarkungsfreie Drei-Kreis-Ecke bot Geflohenen Schutz vor Verfolgung. Allerdings war dieser Schutz zeitlich begrenzt: auf maximal 48 Stunden. An diesem „gefreiten“ Ort lag einst ein Gutshof. Ob dieser allerdings Geflohenen irgendwelche Gastlichkeit zukommen ließ, ist nicht bekannt.

An der Freiheit stießen die Grenzen von sogar vier Kirchspielen zusammen: Groß-Bieberau, Reichelsheim, Fränkisch-Crumbach und Neunkirchen. Am 22. Juli 1763 sollen sich hier die zuständigen Pfarrer zu einem gemeinsamen Mahl getroffen und einen Tisch so aufgestellt haben, dass jeder daran sitzen konnte, ohne sein eigenes Kirchspiel verlassen zu müssen. Die angrenzende Wiese heißt heute noch im Volksmund „Pfaffenwiese“.

Die erste Erwähnung der Freiheit ist auf den 13.10.1456 datiert und stammt aus einer Klage vor Gericht in Ober-Ramstadt. Es ging um eine Schlägerei, die auf der Freiheit stattfand, obwohl dort besondere Friedenspflichten galten. Das Urteil fiel daher besonders streng aus.

Nachdem das Geschlecht der Rodensteiner im Jahr 1671 erloschen war, ging die Freiheit in die Herrschaft der Freiherren von Gemmingen in Fränkisch-Crumbach über. Zu der Zeit hatte die Freiheit zwei Höfe mit 15 Einwohnern. Ab 1806 gehörte sie zum Land Hessen. Heute gehört sie der Gemeinde Reichelsheim an.

 

Text Wolfgang Kalberlah und Claus Fittschen, © Rodensteinmuseum
Foto: © Wilfried Beuerle, Fr.-Crumbach, mit freundlicher Erlaubnis