Station: [14] Carolus Vogel: Geheimer Rat des Wiener Hofes


Maus: Hier! Das ist er: der ehrwürdige Abt Carolus Vogel. Der, der die Kaiserintochter Maria Antonia Josepha Johanna, Erzherzogin von Österreich, die künftige Königin von Frankreich, hier im Kloster willkommen geheißen hat. Zum Dank hat sie ihm all die Sachen geschenkt, die der kleine Engel ihm gerade reicht: ein über und über mit Edelsteinen besetztes Kreuz, einen Ring und einen versiegelten Brief. Und in diesem Brief ernennt Marie Antoinettes Mutter, die Kaiserin Maria Theresia, den Abt Carolus Vogel zum kaiserlich-königlichen wirklichen Geheimen Rat. Nun mussten alle „Exzellenz“ zu ihm sagen. Was für eine Ehre!

Kleiner Mönch: Tatsächlich! Ein wertvolles Kreuz, ein Ring ... Diese eine Übernachtung hat die Kaiserin ja eine Stange Geld gekostet.

Maus: Aber den Abt noch viel mehr! 15.086 Gulden und 50 Kreutzer musste das Kloster allein für die Unterbringung berappen. Dazu kam noch die Verpflegung! Essen und Trinken für hunderte von Menschen und Pferden hat der Abt dem Kaiserhof als Geschenk angeboten. Da kam die Kaiserin mit einem Edelsteinkreuz und einem Ring für den Abt als Gegengeschenk noch billig weg.

Kleiner Mönch: Du, wieviel sind 15.000 Gulden?

Maus: Schwer zu sagen. Die Maler – das waren die teuersten Handwerker, die der Abt beschäftigte – haben vier Gulden in der Woche verdient, die Tapezierer drei, die Sattler zwei und die Näherinnen nur einen halben. Aber sie wurden zusätzlich an den Arbeitstagen auch vom Kloster verpflegt; das war so üblich. Die billigste Matratze, ein Strohsack, hat einen Gulden gekostet und die teuerste 17 Gulden.

Kleiner Mönch: Warte, rechnen kann ich gut. Da hätte eine Näherin 580 Jahre lang arbeiten müssen oder ein Maler 72 Jahre, um die eine Übernachtung zu bezahlen.

Maus: Ja, das ging ganz schön ins Geld. Allein die kostbare Damasttapete im Schlafzimmer der Prinzessin hat so viel gekostet, dass der Tapezierer sechs Jahre lang hätte dafür arbeiten müssen, wenn er nichts anderes gekauft hätte. Aber es war damals wichtig, gut dazustehen, wenn hoher Besuch kam. Alle lobten den Schutterer Aufenthalt. Da war der Abt dann auch stolz.

Kleiner Mönch: Sonst hätte er ja nicht das Bild malen lassen, in dem man sehen kann, was für wertvolle Geschenke er von der Kaiserin Maria Theresia bekommen hat.

Maus: Ganz genau! Und kaum war die Kaiserinnentochter wieder abgefahren, gingen die Bauarbeiten weiter. Vielleicht hatte das Reiseziel der jungen Dame ja den Abt Vogel inspiriert. Jedenfalls ließ er die Klostergärten im französischen Stil gestalten. Er ließ Hecken pflanzen, die schöne, geometrische Muster ergeben, er ließ Brunnen, Wasserspiele und sogar einen Musikpavillon einrichten, in dem man den himmlischen Tönen einer Musikkapelle lauschen konnte – alles zum Lobe des Herrn selbstverständlich.

Und wie das dann alles aussah, das zeigt das Bild von Franz Xaver Schönbächler, das auch draußen auf der Hausmauer gegenüber der Kirche zu sehen ist.

Kleiner Mönch: Also die 1283 fertiggewordene Klosteranlage, in der ich lebe, ist neu und wunderschön. Aber ich muss sagen, die in der Zukunft ist auch nicht ohne.

Foto: © Historischer Verein Schuttern 603 e.V. / Gemeinde Friesenheim