Station: [104] Neubrandenburger Str. 9: Oll Moses


F: In Rahnstadt, wie Stavenhagen in Reuters Trilogie „Ut mine Stromtid“ heißt, lebten auch „Oll Moses“ und sein Sohn David.

M: Die echte Familie lebte hier, in den Häusern neun und elf der Neubrandenburger Straße: Salomon Isaak, alias „Oll Moses“, wurde 1785 hier geboren. Sein Sohn Moses Salomon ebenfalls. Die weitverzweigte Familie besaß eines der größten Handels- und Bankhäuser Mecklenburgs und war durch den Handel mit besonders feiner Wolle zu Reichtum gelangt.

F: Noch lange Jahre nachdem Vater Salomon Isaak 1837 verstorben und das Erbe unter seinen Kindern aufgeteilt worden war, belief sich das Vermögen des jüngsten Sohns auf sage und schreibe 1,2 Millionen Taler! Reuter interessierte sich jedoch weniger für den Reichtum als für die guten Taten und den freundlichen Charakter seiner Protagonisten. Am Ende seines großen Gesellschaftsromans „Ut mine Stromtid“ beschreibt er das Begräbnis von „Oll Moses“:

M (Zitat): „Der alte Mann war recht und gerecht durch das Leben gegangen, und recht und gerecht ging er auch aus dem Leben. Er starb gefestigt in seinem Glauben, und wie er verstorben war, gaben sie ihm zu seinem Sarge jene Bretter, die dem Stamme Juda zustehen, denn er war aus dem Stamme Juda. Und als er begraben wurde, saß David im zerrissenen Rock und hatte sich Asche aufs Haupt gestreut, und zahlreiche Christenmenschen folgten dem Sarge zu Friedhof, für den Moses selber noch die Einfriedung aus Eichenholz gestiftet hatte, und ich meine, er ist in Abrahams Schoß gelangt, wenn auch Christen seinem Sarge gefolgt sind […] Als sie danach still und nachdenklich über die Rahnstädter Wiesen schritten, sagte Hawermann: Er war ein Jude dem Glauben und ein Christ den Taten nach!“

Fotos: © Fritz-Reuter-Literaturmuseum