Station: [111] Bei der Kirche 4: Sophie Reuters Wohnhaus


M: Fritz Reuters Vater Georg Johann Jakob war nicht nur 37 Jahre lang Bürgermeister des Städtchens Stavenhagen. Er war auch ein erfolgreicher Geschäftsmann, hatte einen ansehnlichen Grundbesitz angesammelt und betrieb mehrere Unternehmen: Familie Reuter besaß eine Brauerei, mehrere Viehställe, eine Krappmühle, in der ein roter Farbstoff hergestellt wurde und dieses stattliche Wohnhaus.

F: Nachdem Bürgermeister Reuter im Frühjahr 1845 gestorben war, musste seine Familie die Dienstwohnung im Rathaus verlassen. Fritz Reuter lebte zu diesem Zeitpunkt auf dem Gut Demzin. Doch Sophie, seine vier Jahre jüngere Halbschwester und Haupterbin des väterlichen Vermögens, bezog dieses stattliche Haus. Die väterliche Brauerei befand sich auf dem Hof hinter dem Gebäude, denn das Grundstück war großzügig bemessen und erstreckte sich bis hinab zur Wallstraße. Fritz Reuter schrieb:

M (Zitat): Mein Vater, der ein ganz gutes Vermögen hinterließ, setzte voraus, dass meine ältere Schwester und ich uns beide nie verheiraten würden, und begünstigte meine jüngere, […] Schwester dergestalt in seinem Testamente, dass sie mindestens das 6fache von dem erhielt, was uns zufiel.“

F: Sophie war der Stolz des Vaters. Sie hatte eine gute Partie gemacht und ihren Cousin geheiratet: Ernst Reuter, ein studierter Pharmazeut. Um die Bierbrauerei des Schwiegervaters und Onkels weiterzuführen, absolvierte Ernst in Berlin noch zusätzlich eine Ausbildung als Bierbrauer. Das Vermögen – so mag sich der Vater gedacht haben – blieb also in der Familie.

M: Der Erstgeborene Fritz Reuter war hier im Haus lediglich Zaungast. Wenn er sich besuchsweise in der Stadt aufhielt, hatte er in diesem Haus seine „stille Stube“, die er nutzen konnte – wohl eine Art Gästezimmer.

Foto: © Fritz-Reuter-Literaturmuseum