Station: [18] Der große Gesellschaftsroman: „Ut mine Stromtid“


F: In Mecklenburg kennt ihn jeder: den kauzigen, gutherzigen Mann mit seiner Inspektorenmütze und seiner roten Säufernase: Enspekter Zacharias Bräsig ist die charakteristischste Figur aus Reuters wohl wichtigstem Roman.

M: Die drei Bände seines Hauptwerks „Ut mine Stromtid“ erschienen in schneller Folge in den Jahren 1862, 63 und 64 und schildern das mecklenburgische Landleben in den Jahrzehnten vor der gescheiterten Bürgerlichen Revolution, der „unschuldigen Zeit vor 48“, wie Reuter sagt. Die Handlung dreht sich um den früh verwitweten Pachtbauern Karl Hawermann, der sich gegen seinen hartherzigen Kontrahenten, den Gutsbesitzer Samuel Pomuchelskopp, behaupten muss. Doch vor allem geht es um die kleinen, alltäglichen Ereignisse des Landlebens und die Absurdität der rückständigen Verhältnisse, die überall in Mecklenburg anzutreffen sind.

F: Inspektor Bräsig, der immer wieder auf seine ungeschickte Art versucht, dem Schicksal unter die Arme zu greifen, gehört zu den vermeintlich Gebildeten der Landbevölkerung. Um nicht das bäuerische Plattdeutsch zu schnacken, spricht er „Missingsch“: ein improvisiertes Durcheinander aus Hochdeutsch und Plattdeutsch, in das noch ein paar Brocken der Gelehrtensprache Französisch eingeflochten werden.

M: Hilfsbereitschaft, Menschlichkeit und Lebenserfahrung zeichnen dieses wohl berühmteste Geschöpf der reuter‘schen Figurenwelt aus. Ein Selbstporträt?

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