Station: [9] Lehrling in Demzin


F: Wie findet man nach siebenjähriger, zermürbender Haft ins zivile Leben zurück?

M: Fritz Reuter tut sich schwer. Ein erneuter Studienversuch scheitert, schließlich gibt der Vater nach: Der nunmehr 31-Jährige Reuter darf die verhasste Juristerei an den Nagel hängen. In Demzin tritt er eine Volontärstelle in der Gutsverwaltung an. Er wird „Strom“, wie es auf Plattdeutsch heißt.

F: Reuter verkehrt in den Kreisen liberaler Gutspächter und freundet sich mit dem neun Jahre jüngeren Fritz Peters an, dem er für den Rest seines Lebens verbunden bleiben wird. Und er trifft Hoffmann von Fallersleben, den Dichter der späteren deutschen Nationalhymne, der von der preußischen Regierung geächtet in Mecklenburg im Exil lebt. Von seinem lebendigen Erzählen begeistert, ermutigt Hoffmann den jüngeren Reuter, seine Erlebnisse aufzuschreiben. Und Reuter beginnt zu schreiben, zunächst kleine, satirische Beiträge.

M: Im Frühjahr 1845 stirbt Reuters Vater. Doch die Enttäuschung ist groß! Anstatt des erhofften Erbes hat Georg Johann einen Vormund für den 35-jährigen Sohn eingesetzt und den Antritt des Erbes mit Bedingungen verknüpft, die für den wankelmütigen Reuter nicht zu erfüllen sind. Er ist praktisch enterbt.

F: Und das in einer Zeit, in der er plante, eine Familie zu gründen! Im Herbst 1845 verliebt er sich in Luise Kuntze, die als Erzieherin im Pfarrhaus eines benachbarten Gutsdorfs arbeitet. Soll sie einen mittellosen, verurteilten Alkoholiker heiraten? Eine Hochzeit und finanzielle Unabhängigkeit liegen in weiter Ferne.

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