
Vortrag: "Die Grube Messel - Fenster in die Vergangenheit"
In der Nähe von Darmstadt öffnet sich in einem ehemaligen Tagebau ein Fenster in die Vergangenheit: Die Grube Messel gilt als Schatzgrube der Evolution, denn hier finden sich ausgesprochen gut erhaltene fossile Zeitzeugen aus dem Eozän. Der wohl bekannteste Vertreter, das Urpferd, ist momentan im Deutschen Pferdemuseum zu sehen. Als Begleitprogramm zur aktuellen Sonderausstellung „Urpferd 2.0 – Eine Reise zum Beginn unserer Welt“ ist am Donnerstag, den 22. Juni 2023 der Messel-Experte Prof. Dr. Torsten Wappler in Verden zu Gast und gewährt mit seinem Vortrag faszinierende Einblicke in dieses einzigartige „Archiv der Erdgeschichte“.
Vor 48 Millionen Jahren, im Zeitalter des Eozäns, entstand in Messel ein Maarsee. Die Fossilien der Tiere und Pflanzen, die sich in diesem See ablagerten, überdauerten Jahrmillionen und geben uns heute einen Einblick in eine Zeit, in der die Dinosaurier bereits ausgestorben waren und das Zeitalter der Säugetiere begann.
Das Ökosystem, das vor 48 Millionen Jahren um den ehemaligen Maarsee in Messel entstand, umfasste eine sehr vielfältige Fauna aus verschiedensten Tieren. Die wohl bekanntesten sind die Urpferde. Messel ist heute weltweit die bedeutendste Fundstätte dieser frühen Verwandten der Pferde. Aber auch andere Tiere, wie Krokodile, Schildkröten, Vögel, Schlangen, Beuteltiere, Primaten, Fledermäuse, Nagetiere oder zahlreiche Insekten bevölkerten diese Welt. Bislang sind allein 132 Wirbeltier-Arten und Pflanzen aus 109 verschiedenen Familien im Messeler Ölschiefer entdeckt worden, die einen Zeitraum von 1,5 Millionen Jahren dokumentieren.
Die Bedeutung der Messeler Fossilien liegt nicht nur in der Vielzahl der Funde, sondern auch in ihrer exzellenten Erhaltung, die sogar mit winzigsten erhaltenen Details unschätzbare Einblicke in das damalige Ökosystem bieten.
Vor allem die Säugetiere zählen zu den Funden, die weltweite Berühmtheit erlangt haben. Die Skelette sind nahezu vollständig und oft sogar mit Resten des Magen- und Darmtrakts erhalten. Manchmal sind auch Körperumrisse zu erkennen oder gar die Behaarung oder das Gefieder des Tieres.
Aus diesem Grund wurde die Grube Messel – als die dritte Fossilienfundstätte überhaupt und als erstes Naturerbe in Deutschland – 1995 in die Liste der UNESCO-Weltnaturerbe-Denkmäler aufgenommen.
Abseits der bekanntesten Fossilien lohnt ein detaillierterer Blick auf die Grube Messel, der einen ganz eigenen „Kosmos“ offenbart. Vor allem Insekten spielen in diesem Netz von Wechselwirkungen eine Schlüsselrolle. Auch heute sind etwa 70% aller momentan bekannten Arten Insekten. Sie haben im Laufe der Evolution eine überaus große Formenvielfalt entwickelt, besiedeln alle denkbaren Lebensräume, sind bedeutende Konsumenten von Pflanzenbestandteilen und dienen als Nahrung für größere Tiere oder befallen diese als Parasiten. Ein funktionierendes Ökosystem – und damit ein Leben – ist ohne Insekten in unserer Welt nicht vorstellbar.
Und so offenbaren auch die 48 Millionen Jahre alten Insekten im Ökosystem „Messel“ faszinierende Beziehungen und Strukturen, die sich nur mit den erhaltenen Wirbeltieren nicht entschlüsseln ließen. Anhand der fossilen Insekten lassen sich unter anderem Rückschlüsse auf die Entwicklung des Klimas und die Anpassung der Fauna schließen, die auch bei der Beurteilung heutiger Klimaveränderungen helfen können.
Prof. Dr. Torsten Wappler ist Wirbellosen-Paläontologe und beschäftigt sich als solcher unter anderem mit fossilen Insekten und deren Interaktionen mit Pflanzen. Am Hessischen Landesmuseum Darmstadt ist er Kurator für Naturkunde und zuständig für die bedeutende Messel-Sammlung. Zugleich ist er der verantwortliche Grabungsleiter für die jährlich stattfindenden Grabungen auf dem Gelände des UNESCO-Weltnaturerbes Grube Messel.
Eintrittspreise (inklusive Museumseintritt):
Abendkasse:
10 € pro Person,
8 € pro Person für DPM-Mitglieder und PMs
Sitzplatzreservierung empfohlen
unter Tel: 04231/807140
http://www.dpm-verden.de