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Ehemalige Synagoge

Beschreibung

Das erwähnte, baulich in seiner Außenfassade bis heute völlig unveränderte Gebäude in der Fischergasse 32 war Heimstatt der zweiten Synagoge der Israelitischen Kultusgemeinde Lohr und zwar ab 1871 bis zu ihrer zwangsweisen sog. 'Arisierung' 1938/1939. Das Gebäude hat auch die Reichspogromnacht am 09. November 1938 von außen unbeschadet überstanden. Es ist damit das wichtigste originale bauliche Denkmal, das an die jüdische Gemeinde erinnert. Wir wissen von einer alten Lohrerin, dass sich im Hinterhaus des Gebäudes sogar noch – wenn auch vom Voreigentümer abgedeckt – das rituelle Frauenbad mit Tauchbecken, die sog. Mikwe (im Volksmund: „Jordan“), befinden muss. Dieses für Lohrer Verhältnisse durchaus repräsentative Barockgebäude mit Walmdach (datiert auf 1732) spiegelt die großen Hoffnungen wider, die die jüdischen Neubürger in ihre Gemeindegründung, die erste urkundlich belegte in der Geschichte Lohrs überhaupt, setzten. Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren neunzig jüdische Personen gemeldet, was der absolute Höchststand war. Damit blieb die Gemeinde dennoch vergleichsweise klein. Auch der Betsaal im Obergeschoss war mit seinen 50 qm nicht besonders groß und daher eng bestuhlt.
In der Reichspogromnacht wurde der Synagogenbereich nach seiner Verwüstung polizeilich versiegelt, um einer Brandstiftung in der dicht bewohnten Fischergasse zuvorzukommen. Die Versiegelung wurde bis zum zwangsweisen Verkauf 1939 nie mehr aufgehoben. Das Herz der Gemeinde hatte damit in der Reichspogromnacht aufgehört zu schlagen. Helene Rothschild konnte als letztes Gemeindemitglied noch 1940, also vor der Ausreisesperre, in die USA ausreisen. Der letzte gewählte Kultusvorstand, Simon Strauß, verließ im April 1939 Lohr und starb 1940 in Bad Nauheim.