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Torbogen mit Haussegen

Torbogen mit Haussegen, 2023
Torbogen mit jüdischem Haussegen aus dem Jahr 1799. Foto: Stadtarchiv Blieskastel, Fotosammlung (Bestand 40-870)
Torbogen mit Haussegen, 1992
Foto: Stadtarchiv Blieskastel, Fotosammlung (Bestand 40-489)
Stolperstein in der Kardinal-Wendel-Str., 2023
Foto: Stadtarchiv Blieskastel, Fotosammlung (Bestand 40-869)
Stolpersteine in der Gerbergasse, 2023
Foto: Stadtarchiv Blieskastel, Fotosammlung (Bestand 40-868)
Grabstein auf dem jüdischen Friedhof, um 1970
Foto: Stadtarchiv Blieskastel, Fotosammlung (Bestand 40-862), Sammlung Franz Much

Beschreibung

In unmittelbarer Nähe zur ehemaligen Synagoge am Luitpoldplatz hat sich in der Kardinal-Wendel-Str. 62 ein korbbogiges Tor mit jüdischem Haussegen aus dem Jahr 1799 erhalten. In Abkürzungszeichen als Haussegen der Genesis ist dort zu lesen: "Denn (es war) gut", dann folgt die Jahreszahl 559 (Jahr 1799). Heute befindet sich in dem Gebäude ein Tee- und Kaffeegeschäft. Vor dem Haus erinnert seit 2009 ein Stolperstein daran, dass Anna Oppenheimer (1863-1940) dort ihren letzten freiwilligen Wohnsitz hatte bevor sie auf dem Transport nach Theresienstadt im Jahr 1940 starb. Des Weiteren sind vier Stolpersteine in der Gerbergasse den einstigen Bewohnern Fanny Joseph, geb. Sinai, Blandina Joseph, geb. Adler, Edgar Joseph und Myrtil Neuberger gewidmet.

Exkurs zu weiteren Spuren jüdischen Lebens in Blieskastel 17. bis 20. Jahrhundert:

Erste Hinweise auf jüdische Einwohner in Blieskastel ergaben sich über den seit 1688/1690 nachgewiesenen jüdischen Friedhof. Dieser entstand Ende des 17. Jahrhunderts oberhalb der Stadt „auf dem alten Han“. Im gleichen Zeitraum findet sich als erster, schriftlich überlieferter jüdischer Einwohner der Stadt Jacob Moyses. Auf dem Friedhof wurden bis ins 19. Jahrhundert nicht nur die jüdischen Einwohner aus Blieskastel bestattet, sondern auch solche aus den umliegenden Städten Homburg, St. Ingbert, Zweibrücken sowie den ehemaligen Marktflecken Gersheim und Medelsheim. Aus Akten des Landesarchivs des Saarlandes geht hervor, dass einige Jahre vor 1821 eine Erweiterung des jüdischen Friedhofs, in der Alschbacher Hohl, erfolgt sein musste. Eine der letzten Beisetzungen vor dem Zweiten Weltkrieg fand 1937 für Delphine Isaak (1861-1937) statt. 1939/40 wurde die Anlage verwüstet und konnte erst im Herbst 1945, zunächst notdürftig, wiederherstellt werden. Als letzter Verstorbener wurde David Moses (1866-1945) am 27.10.1945 dort beigesetzt.

Im Jahr 1978 ließ der Förderverein für Stadtgeschichtsforschung und Denkmalpflege Blieskastel in Zusammenarbeit mit der Synagogengemeinde und der Stadt Blieskastel einen Gedenkstein auf dem jüdischen Friedhof errichten. Seit 2006 ist das Gelände des Friedhofs im Besitz der Synagogengemeinde Saar. Im ältesten Teil des Friedhofes befinden sich noch Grabsteine aus den Anfängen des 18. Jahrhunderts. Die höchste Zahl an jüdischen Einwohnern verzeichnete Blieskastel in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Beispielsweise lebten im Jahr 1834 193 Personen jüdischen Glaubens in der Stadt, was ungefähr einem Zehntel der damaligen Einwohnerschaft entsprach. Durch Abwanderung in größere Städte oder z.T. durch Auswanderung nach Amerika verringerte sich die Zahl bis zum Jahr 1900 auf 57 Personen. Die Volkszählung vom 25.06.1935 ergab, dass noch zehn jüdische Einwohner in Blieskastel wohnten. Im Mai 1936 wurde vom Bezirksamt die sog. „Judenkartei“ erstellt, die die Einwohnerzahl jüdischer Bewohner zum Stichtag 10.03.1936 erfasste. Für Blieskastel waren die Familie David, die Geschwister Delphine und Rosina Isaak, Fanny Joseph und Anna Oppenheimer darin erfasst worden.

Fotos: Stadtarchiv Blieskastel

Text: Stadt Blieskastel, Stadtarchiv Blieskastel

Literatur: Reinhard Schneider: Synagogen im Saarpfalz-Kreis. Teil 1: Blieskastel. In: Saarpfalz- Blätter für Geschichte und Volkskunde, Nr. 86, 2005, Heft 3, S. 5-17.

Saarpfalz-Blätter für Geschichte und Volkskunde: Geschichte der Juden im Saar-Pfalz-Kreis, Sonderheft 1989.  Fischbach/I. Westerhoff (Bearb.): ... und dies ist die Pforte des Himmels. Synagogen. Rheinland-Pfalz Saarland, Hrsg. Landesamt für Denkmalpflege, Mainz 2005, S. 435 – 438 (Blieskastel).

Staatliches Konservatoramt des Saarlandes/Freundeskreis zur Rettung jüdischen Kulturgutes im Saarland e.V. (Hrsg.): Jüdische Friedhöfe im Saarland, S. 32f.