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Istein - das Kloster im Weissen Haus (erfunden)

Lage des Flurstücks
"Zum Weißen Haus" im Jahr 1876. Karte: Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe H Istein 5, 1777 / Geometer M. Gürtler. Permalink: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1717416. Veröffentlichungs- + Vervielfältigungsrechte: Landesarchiv B-W.
Wisshüsslins gut
"... Der Johanser gut. Item Drey Jucharten, ob dem Wachsenthal, vnd Ziehendt uber die strasse, vff wisshüsslins gut. Item an dem kerweg ..." Landesarchiv Baden-Württemberg, Generallandesarchiv Karlsruhe 19 Nr. 760 (27.05.1387), Bild 6 (Ausschnitt). Permalink: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1910118. Veröffentlichungs- + Vervielfältigungsrechte: Landesarchiv B-W. Textmarkierung: MS.

Beschreibung

"Die Klosterfrauen zogen nach dem Brand notdürftig um in das ‘Weiße Haus’ zwischen Kloster und Istein."

So die Ortschronik zum weiteren Schicksal der Cluniazenserinnen des Klosters Istein nach dem Brand von 1387. Der Flurname "Beim Weissen Haus" ist auf Kartenwerken des späten 19. Jahrhunderts verzeichnet. Also: alles bestens.

Wirklich? Leider nein ...

 

Die Story vom Weißen Haus ist (für uns heute) erstmalig zu finden 1875, dann wieder in einer Ortschronik von 1930 und danach vielfach wiederholt. Auch im ‘Badischen Klosterbuch’ von 2025. "Die Congregation ... bewohnt das sog. weiße Haus am Klotze: die Cisterzienserinnen tragen nämlich weiße Gewänder und schwarze Schleier" - so  1875. Die Ortschroniken von 1930 und 1961/1977/1994 nennen die Nonnen "weiße Frauen". Schade nur, dass die Nonnen Cluniazenserinnen waren (und nicht Cisterzienserinnen) - Markenzeichen der CluniazenserInnen war der Ordens-Habit in Schwarz.

Wer wann aus den Isteiner Nonnen Angehörige des Cisterzienser-Ordens gemacht hat - man weiß es nicht. Vermutlich steckt aber diese Logik dahinter: die Isteiner Heimatforschung hat irgendwann vor 1852 (wohl um 1820 herum) die Story von Bernhard-von-Clairvaux-wohnt-1123-wochenlang-bei-den-Isteiner-Nonnen erfunden. Irgendwann ist irgendwer darauf gekommen, dass ein Cisterzienser-Abt in einem Cluniazenserinnen-Kloster nix verloren hat - ruckzuck die Nonnen umetikettiert - und schon passt es wieder. Bloß dass Bernhard von Clairvaux nie in Istein war.


"Beim/Zum Weißen Haus" heißt das betreffende Flurstück erstmalig 1603. Davor (1387, 1588) und danach (1746) heißt es "wißhüßlinsguot", weißheußlinsguot", “Weißhäußlerguth”. Das Flurstück gehörte also zum Gutsbetrieb eines "Weißen Hauses". So wie St.-Gallen-Gut vom Kloster St. Gallen bewirtschaftet wurde, oder Bläsi-Gut vom Kloster St. Blasien. Niemand käme auf die Idee, auf einem Isteiner Bletz Bläsi-Gut ein Blasius-Haus, eine St.-Blasius-Kirche oder gar ein Blasius-Kloster zu suchen. Gleiches gilt natürlich auch für WeißHaus-Gut: aus dem Flurnamen auf ein bestehendes Gebäude rückzuschließen, ist absurd. Und: dieses WeißHaus-Gut lag 1387 (nach dem Brand) neben 3 Jucharten Acker des Huttinger Klosterhofs - es gehörte also gerade NICHT dem Kloster Istein. Sondern irgendwem anders.

Eine Basler Urkunde von 1387 kennt "Heintzemanni zem Wissen Hus, olim Bürger von Kleinbasel". Heintzmann, ehemals (bis 1386) Kleinbasler Bürger, genannt Zum Weissen Haus. Spitzname? Familienname? Name seines Wohnhauses? Wissen wir nicht, wahrscheinlich aber letzteres. Wir erfahren ebenfalls nicht, warum ´ehemals´ - ist Heintzmann verstorben? Oder verzogen? 1387 und 1391 leben/wirtschaften in Istein gar mehrere Heintzmänner. Insgesamt hat es viel für sich, dass ´unser´ Flurstück von diesem Kleinbasler Bürger gehört, und von diesem seinen Namen erhalten hat.


Wo haben die Isteiner Nonnen nach dem Brand 1387 gewohnt? Vermutlich in einem der weniger geschädigten Nebengebäude auf dem Klosterareal. 

 

(Text: Museum in der ´Alten Schule´ / Dr. Maren Siegmann / 2025)