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[2141] Kirchen - Pfarrer Julius Schmidt, der Bergrain, die Karolinger

Erinnerung an einen Pfarrer
Foto: Museum in der "Alten Schule" / Maren Siegmann.
Pfarrer-Archäologe am Werk
Pfarrer Julius Schmidt legt ein Plattengrab aus der Zeit um 700 n. Chr. frei (Bromen / ehem. Bahnstation Kirchen). Aus: Julius Schmidt, Kirchen am Rhein (Bühl 1912), S. 30.
Blick vom Bergrain zum Rhein
Foto: Museum in der "Alten Schule" / Maren Siegmann.
Archäologische Funde auf dem Bergrain
Die archäologischen Funde auf dem Bergrain, 1909-1911 und 1941. Grün: spätbronzezeitliche Urnengräber. Rot: römische Mauern und Fundhäufung. Gelb und hellblau: frühmittelalterlicher Topf, Gräber, Graben, Mauer. Dunkelblau: mittelalterliche Mauern, Gräber, Grubenhäuser (ab 9. Jh.). Montage der Fundkarten von Julius Schmidt (Kirchen am Rhein, Bühl 1912, Beilage) und Friedrich Kuhn (Badische Fundberichte 17, 1941, S. 322). Montage: Maren Siegmann.
Lorsch. Nicht Kirchen.
So oder ähnlich mag Pfarrer Schmidt sich "seine" Pfalz gedacht haben. Wahrscheinlicher: Gebäude aus Fachwerk. Foto: Maren Siegmann.

Beschreibung

Der Bergrain in Kirchen. Kies, eiszeitlich aufgetürmt, vom Rhein teilweise wieder abgetragen. Die so entstandene Terrasse fällt steil ab. Ein Zipfel dieser Terrasse kragt in das Dorf Kirchen hinein. Dieser Zipfel ist archäologisch interessant - Urnengräber der späten Bronzezeit, mehrere römische Gebäude, frühmittelalterliche Gräber, Grubenhäuser des 9. Jahrhunderts, hochmittelalterliche Scherben und wieder Gebäudereste, diesmal aus dem Spätmittelalter.


Pfarrer Julius Schmidt und seine karolingische Königspfalz

Eine steile Hangkante, mit Blick in das Rheintal. Der Höhenunterschied ist beträchtlich - der Bergrain prägt das Ortsbild in diesem Teil Kirchens. Der Bergrain war einmal größer; der Straßenverlauf um ihn herum (Friedrich-Rottra-Straße, Basler Straße) verrät es. Kiesabbau und natürliche Erosion haben an ihm genagt.

Lange war der Bergrain obenauf unbebaut. Erst 1941 wird hier parzelliert und die ersten Wohnhäuser entstehen. Vor den Bautrupps kam der Heimatpfleger Friedrich Kuhn und hat den Bergrain mit Suchschnitten überzogen. Archäologie!

 

Begonnen hatte alles mit Pfarrer Julius Schmidt, der kurz nach 1900 eher zufällig zum Orts-Archäologen wird. Schmidt war über Nachrichten über eine karolingische Königspfalz gestolpert, im Ort Kirchen. Kirchheim bei Marlenheim, so hieß es. Schmidt arbeitet sich durch Urkunden, Schriftstücke, Chroniken und beweist: keineswegs. Kirchen, Chiriheim, bei Efringen. SEIN Kirchen. Schmidt fängt Feuer: er will sie finden, SEINE Pfalz in SEINEM Kirchen. In echt. Der Pfarrer beginnt mit der Suche. Er beginnt mit allem, was im Kies in der Hangkante steckt: Urnen aus der späten Bronzezeit, Mauern eines Steingebäudes. Später wird er mit einer Sondierstange bewaffnet kreuz und quer über den Bergrain ziehen, die Stange in den Boden hämmern in der Hoffnung auf Mauern. Schmidt führt 1908 bis 1910 mehrere Ausgrabungen auf dem Bergrain durch, in enger Absprache mit dem Leiter der Altertumssammlung in Karlsruhe, Prof. Ernst Wagner.

Schmidt fräst sich weiter durch Urkunden und Archivalien. Auf der Suche nach "dem Hof", dem Königshof: wo hat er gelegen, wo soll er danach suchen? Dabei stößt Schmidt auf "den Hof auf dem Berg". Der irgendwo auf dem Bergrain gelegen haben muß. Doch jetzt, shit happens: Schmidt setzt "den Hof" und "den Hof auf dem Berg" gleich. Und merkt nicht, dass beide Höfe im 14. und 15. Jh. immer wieder zur selben Zeit unterschiedliche Besitzer haben und von und unterschiedlichen Leuten bewirtschaftet werden. Dass es sich also um zwei unterschiedliche Höfe handelt.

WAS Schmidt findet, sind die Reste von drei Steingebäuden - zwei davon mit Sicherheit römisch, eines (Gebäude II) mit einigen wenigen römischen Funden und sonst nicht datierbar. Schmidt wird immer wieder akademische Besucher ausquetschen, ob die Mauern der Gebäude I und II nicht vielleicht doch frühmittelalterlich wären. Baudenkmalpfleger Kircher wehrt ab: "Es ist unmöglich aus diesen gefundenen Mauerresten einen sicheren Schluss auf ihr Alter zu ziehen. Die Eigenart derselben in der technischen Herstellung und in deren Stein- und Mörtelmaterial ist nicht so charakteristisch, dass man zu einem solchen Schluss berechtigt wäre. ... Es wird sich deshalb empfehlen, dass Pfarrer Sch. an anderen Orten dem ´Cubiculum regium´ nachgeht." Prof. Wagner hält alle drei Gebäude - auch Gebäude II - für spätrömisch.

 

Irgendwann zwischen 1909 und 1911 hat der Pfarrer die zündende Idee: die gefundenen Gebäudefundamente sind römisch, und man hat in der Karolingerzeit einfach Mauern oben drauf gesetzt. Bingo, traraa, die Pfalz ist gefunden. Ganz sicher ist der Pfarrer seiner Sache jedoch nicht: "Sollte ich bei der Fortsetzung meiner Grabungen etwaige weitere, mit absoluter Bestimmtheit als die eigentlichen Fundamente der alten karolingischen Königspfalz hier erkenntlichen Mauern noch finden, dann bin ich der erste, der obige Hypothese umstößt. Bis dahin halte ich an ihr fest." (Julius Schmidt, 1911).

1941 war Gebäude I schon längst komplett die Hangkante hinuntergefallen. Schmidt berichtet noch von den römischen Ziegeln überall, wo der Spaten in den Boden gerammt würde. Kuhn findet keine Ziegel mehr. Gärtnern und Ackern zerstört archäologische Fundplätze - Dinge werden aus der Fundschicht nach oben gerissen, vermischen sich im Ackerboden mit Kronkorken & Co., liegen irgendwann auf der Oberfläche, zerfallen durch Pflug, Wind, Wetter, Frost.

Die Funde, die Pfarrer Julius Schmidt bei seinen Ausgrabungen bis 1911 geborgen hat, sind allesamt noch da. Sie sind bis heute nur ansatzweise wissenschaftlich ausgewertet. Gleiches gilt für die Funde von Heimatpfleger Kuhn. Auch die Ausgrabungs-Dokumentationen von Schmidt und Kuhn sind noch da, und die zahlreichen Postkarten, die der Pfarrer nach Karlsruhe geschrieben hat. Zum 1200jährigen Jubiläum des Dorfes Kirchen wurde versucht, verschiedene un-fertige Bearbeitungen zusammenzustellen und zumindest die bisher getane Arbeit daran zu publizieren. Leider vergeblich. Schade.


Der Enthusiasmus des Pfarrers über den ´Fund´ seiner ´Pfalz´ in seiner 1912 erschienenen Ortschronik hat Folgen: der karolingerzeitliche Königshof von Kirchen gilt als einer der wenigen archäologisch nachgewiesenen Königshöfe. Zu Unrecht.

 

Das Schlafzimmer des Königs

Nein, nicht das, was Sie jetzt denken! ´Actum in Chiricheim in cubiculo regis publice´. Eine Urkunde, wohl 866 ausgestellt in Kirchen im (öffentlichen) Schlafzimmer des Königs. Der Beweis für einen Königshof in Kirchen. Mit einem Raum, den man für Rechtsgeschäfte nutzte und der bei Bedarf dem König als Schlafzimmer diente. Hier entstand wohl auch im Jahr 815 die älteste erhaltene in Kirchen geschriebene Urkunde.

Im 9. Jahrhundert gab es mehrere Höfe in Kirchen, und das wohl schon länger. Indiz dafür sind mehrere Grabgruppen, im Ort verstreut, angelegt bevor es im Ort Kirch-Heim eine Kirche für alle gab. Die eigenen Angehörigen irgendwo auf dem eigenen (Hinter)Hof zu beerdigen, ist andernorts üblich in den Jahrzehnten um 700 n. Chr. Auch die Kirchener Gräber werden in dieser Zeit angelegt worden sein.

König Heinrich II. schenkte den Hof dem Kloster St. Georg in Stein am Rhein. Rechte und Besitz im Ort Chilichheim im Breisgau, "cum tributis et theloniis de navibus per Rhenum discerrentibus", mit allen Steuern und Zöllen auf die den Rhein befahrenden Schiffe. Dies soll 1007 geschehen sein. Die betreffende Urkunde ist eine Fälschung aus dem 12. Jahrhundert, aber verschiedene Herrscher bestätigen dem Kloster diese Besitzrechte. Hof und Zoll haben unzweifelhaft dem Kloster gehört. 1272 verkauft St. Georgen die ´curia Kilchain´ samt Zoll an die Habsburger.

Um 1330 entsteht das ´Habsburger Urbar´, und wir erfahren genaueres. "Des sint gúlten, stúre, nútze und recht, die die hertzogen von Oesterrich, die landgraven sind in obern Elzas, hant oder haben sullen in dem ambt und in der stat zu Ensichshein an den dörfern, die hi nahgeschriben stant." "Der hof zu Kilchhein giltet jerlich ze cinse 6 Pfund Baseler, 4 vierenzal habern, 4 dinkeln, 6 vierenzal roggen; von dien gat ein halb viernzal roggen ze vogtstúre. Der hof hat ouch 16 manwerch reben; von dien gat ein halb söm wises wines zu vogtsture. Was die reben gelten múgin, das ist nicht geschetzet. Der selbe hof hat öch 25 juchert holzes und ein zol uf dem Rine bi Kilcheim; was öch der gelte, ist noch nicht erfarn. Der selbe hof hat mit dem dorfe nicht ze schaffenne, evan er hat wunne vnd weide vnd holtz vnd velt." "Der hof ze Kilchheim, der da giltet ze cinse 6 phunt Baseler, 4 vierenzal habern 4 viernzal dinkeln, 5½ vierenzal roggen vnd ein halben söm wises wines, ist her Harrmans seligen kinden von Baldegge wol 16 jar ze Burglehen gestanden vmb 100 mark silbers."

Um 1315 herum sind es die Söhne des 1295 verstorbenen Hartmann von Baldegge, die den ehemaligen Königshof als Lehen haben. 1361 hält Petermann von Grünenberg den Hof. Dies bestätigt im Herzog Rudolf von Habsburg, der "hof ze Kilchein", der "seslechen ist gen Einsichshein". Der Hof gibt jährlich 22 Viertel Korn und 10 Pfund Pfennige. Zum Hof gehören 14 Mannwerk Reben. Die nächste Nennung ist im Jahr 1416. Hemman von Grünenberg hinterlegt "den brief über den hoff ze Kilchen mit bestätigung vnd andren briefen" beim Markgrafen Rudolf von Hachberg Herr zu Rötteln und Sausenberg. Nach Hemmans Tod sollen die Besitzurkunden an seinen Cousin Wilhelm von Grünenberg übergeben werden. Was später aus dem Hof geworden ist - wir wissen es nicht.


Der Habsburger Herzog Friedrich IV. hatte auf dem Konstanzer Konzil Papst Johannes XXIII. zur Flucht verholfen und war daraufhin in Reichsacht gefallen. Friedrich und das Haus Habsburg haben viele ihrer Besitzungen verloren - unter anderem auch die im Elsaß mit dem Verwaltungs-Zentrum Ensisheim. Sprich, auch ´unseren´ Hof. Lehensnehmer Grünenberg war also bestens beraten, sich seine Rechte daran vom König bestätigen zu lassen. Das Haus Habsburg verlor aber im frühen 15. Jahrhundert nicht nur Besitz - es verlor auch sein Archiv. Das war auf der Habsburg untergebracht, und diese haben die Eidgenossen 1415 eingenommen. Die Habsburger hatten dann sehr sehr lange ein sehr sehr mühsames Geschäft, Kopien ihrer Besitzurkunden und ihren Besitz halbwegs wieder zusammenzutragen. ´Unser´ Hof könnte bei dieser Gelegenheit privatisiert worden sein ...


Kirchen, 887

Kaiser Karl III. samt Ehefrau Richgard samt Entourage samt verschiedener Delegationen aus verschiedenen Teilen des karolingischen Reiches. Allesamt in Kirchen, im Mai und Juni 887.

Großer Menschenauftrieb, über mehrere Wochen hinweg. Vielleicht schon am Tag von Christi Himmelfahrt. Mit Sicherheit zu Pfingsten und Fronleichnam. Wichtige Feiertage im Jahr, garantiert mit großem Aufwand begangen.


Die Dynastie der Karolinger hatte ein Problem. Karl III. und Richgard, seit 862 verheiratet, hatten keine Kinder. Bis 878 kein Problem - es gab eine ausreichende Auswahl erberechtigter Karolinger. Doch dann: einer nach dem anderen dieser Hoffnungsträger stirbt, als letzte 882 Ludwig III. und 884 Karlmann II. Seit 885 ist Karl III. Kaiser über alle karolingische Reichsteile. Notgedrungen. Da ist sonst niemand mehr.

Mit möglichen Nachfolgern sieht es nicht besser aus. Die Zahlen, Stand Frühjahr 887: 
"Richtige" (legitime) Karolinger insgesamt: 3. Volljährige Thronanwärter: 0. Erbberechtigte Thronanwärter insgesamt: 1. Potentielle Thronanwärter insgesamt: 2 (der älteste 8 Jahre alt). "Falsche" (illegitime) Karolinger (keine Thronanwärter) insgesamt: 3. Tendenz: fallend ...

Die Erbfolge regeln - das drängendste Problem, dass Karl III. zu regeln hatte (aber nicht das einzige). Den 7jährigen Sohn des wegen Verrats verurteilten Boso wieder in die Erbfolge einsetzen: das scheint in Kirchen geschehen zu sein.

Zwischen dem 30.05. und dem 15.06.887 kommt es zum Tumult. Kaiserin Richgard, so berichtet es eine Chronik, soll mit Erzkanzler Liutward Ehebruch begangen haben. Richgard habe sich einem Gottesurteil unterzogen. Schlußendlich ist Liutward abgesetzt (ein Freund Karls III. seit Jugendtagen), Richgardis ist im Kloster Andlau (sie wird später heilig gesprochen), die Ehe von Karl III. und Richgard ist annulliert. Karl III. ist jetzt wieder Single, kann erneut heiraten und einen ehelichen = legalen Thronerben zeugen. Doch dazu kommt es nicht mehr. Wenige Monate später hatte Karl einen Zusammenbruch, 888 stirbt er. Das Karolingerreich zerfällt.

Das Problem für uns heute: es gibt nur wenige Berichte, was in Kirchen passiert ist. Mindestens einer der Berichterstatter hasst Karl III. wie die Pest, andere schildern die Ereignisse nach Hörensagen. Kein Bericht stammt von einem neutralen Augenzeugen. Selbstredend sind Historiker wie andere Leute auch - und glauben am liebsten das schlechteste.


Eine Deutung der Ereignisse geht wie oben geschildert. Anschuldigung gegen Richgard und Liutward, Karl III. explodiert. Richgard schwört, in den Ehejahren mit Karl III. niemals Sex mit ihm gehabt zu haben, Ehe wird anulliert, Richgard besteht das Gottesurteil.

Es gibt noch eine andere Deutung, weniger lautstark vertreten. Sowohl Karl III. als auch Richgard muß klar gewesen sein, dass sie sich trennen MÜSSEN. Die Optionen waren übersichtlich: Ehe scheiden, Frau verstoßen, mehrere Ehefrauen etc. pp. (so haben es die Merowinger-Könige gemacht) ging nicht (mehr). Auch nicht mit Hilfe des Papstes. Bleibt der Tod von Richgard, oder die Annullierung der Ehe. Annullierung ging nur bei nachgewiesener keuscher Ehe (sprich: Null Sex, niemals nie nicht, nicht ein einziges Mal). In diesem Fall 25 Jahre lang. Um das glaubwürdig ´rüberzubringen, braucht es Kreativität. Als Vorbild für die ´keusche Ehe´ kann die Heilige Verena von Zurzach dienen. Die Legende der Verena spielt in militärischem Heerlager, auf einer Insel am Rhein, in einer Grotte am Rhein. Was gibt/gab es in/bei Kirchen? Eine der Verena geweihte Kirche. Ein Zeltlager mit vielen Bewaffneten. Inseln im Rhein. Grotten im Fels. Perfekte Kulisse für eine Neu-Inszenierung der Verena-Geschichte mit anderen Hauptdarstellern? Der Verdacht zumindest besteht, es hier eher mit durchdachtem Politik-Theater als mit einem unbeabsichtigten Spontan-Skandal zu tun zu haben. Wobei die ´Aufführung´ gar am Silber-Hochzeits-Tag des Kaiserpaares stattgefunden haben kann ... Richgard muß eine sehr kluge und gebildete Frau gewesen sein, die nach der Trennung erfolgreich über ein kleines Kloster-Imperium geherrscht hat (u.a. Stift Säckingen, das Fraumünsterabtei Zürich, das Doppelkloster Zurzach, allesamt Geschenke von Karl III.). Besonders bemerkenswert: das erste Verena-Heiligenleben wurde für Richgard verfasst, wohl 888 oder kurz danach. Karl III. ging es wie anderen Herrschern vor und nach ihm: üble Nachrede und ein Spott-Name (´der Dicke´) verdecken die wirkliche Person und die tatsächlichen Leistungen.

 

Kirchen, auch 887

Eine der Delegationen 887 in Kirchen kam aus Paris. Odo, Graf von Paris war dabei, und Askrich, seit 886 Bischof von Paris. Ein Chronik meldet für 887: "Dani vero Parisius regressi propter tributum ab imperatore promissum, pro qua re Askrichus ad imperatorem abiit et pro quo ierat rediens secum detulit" - die Dänen zogen wegen des vom Kaiser zugesagten Tributs noch mal vor Paris, Askrich ging deswegen zum Kaiser und kam mit dem zurück, weswegen er gegangen war. Dem Tribut nämlich. Dem 885 den Dänen versprochenen Schutzgeld dafür, dass sie die Stadt Paris nicht zerstören.

887 sind nur auf dem Treffen in Kirchen hochrangige Herren aus Paris nachweisbar. Sprich, nur in Kirchen können diese Herren den Tribut für die Dänen vom Kaiser übernommen haben. Von hier aus ist der Tribut auf die Reise gegangen: vermutlich auf Wagen durch die burgundische Pforte, und dann per Schiff auf der Seine. Ungenannt, aber vorauszusetzen: massive Bewachung des Schatzes. Wir kennen die Summe nicht, aber: zeittypisch sind zwischen 6 und 12 Tausend Pfund Gold und Silber.


Odo war nicht nur Graf von Paris (und nach dem Tod von Karl III. der erste König aus dem Haus der Capetinger). Er war auch Laienabt der Klöster St. Martin in Tours und Saint-Denis in Paris. Beide Klöster besaßen um Kirchen herum Ländereien - was sicherlich bei der Beherbergung von Herren und Wachen geholfen hat. Ungeklärt (neben der Höhe des Tributs) ist auch die Herkunft der Edelmetalle. Zumindest theoretisch könnte ein Teil des Silbers aus dem westlichen Schwarzwald oder dem Elsaß stammen - inzwischen kennt man einige wenige Stollen mit karolingischen Funden darin/davor (Untermünstertal, Sulzburg).

 

(Text: Museum in der ´Alten Schule´ / Dr. Maren Siegmann / 2025)